Stephan Puchner


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Nicolaus Claussøn Swart

auch genannt Nicolaus Niger (niger = lat. schwarz, dänisch: swart) oder Claudius Clavus Cymbricus.

In besagte Übergangsphase vom Mittelalter zur Renaissance, mit ihrem Umbruch in der Wissenschaft und auch der Kunst der Kartographie, wurde Nicolaus Claussøn Swart auf der Insel Fünen hineingeboren. Viel ist nicht über ihn bekannt. Die Gelehrten der Jahrhunderte haben dennoch Bücher gefüllt mit ihrem Gerätsel, wer er wirklich war. Keine Karte von ihm hat die Zeit überdauert, auf zwei von ihnen lassen aufgefundene Texte schließen, die wohl jeweils eine Karte begleitet haben, und es gibt vermeintliche Kopien seiner Karten von späteren Kartographen.

Er war der erste Kartograph des Nordens, so heißt es, und einer der ersten Kartenmacher überhaupt, der die Schwelle zur wissenschaftlichen Kartographie der Zahlen überschritt. Swart muss in Florenz oder Rom um das Jahr 1420 Kenntnis von der Kartenkunst nach Längen und Breiten erlangt haben, die das wiederentdeckte Werk des Ptolemäus, die Geographia universalis, beschrieb, die zu Florenz ins Lateinische übersetzt wurde. Ptolemäus' Karten kannten Afrika, kannten das ferne Indien, doch sie kannten nicht die Orcaden, die Färöer und Grönland, Inseln, die Herrn Swart jedoch von alten Büchern bekannt waren, die ein alter Mönch namens Adam zu Hammaburg in seiner Gesta Hammaburgensis ecclesiae pontificum beschrieben hatte.
Und so beschloß Nicolaus Swart, es als erster Kartograph zu wagen, den verehrten Ptolemaius zu meistern: Er fügte etwa im Jahre 1427 den zehn in der Geograpia versammelten Karten Europas eine elfte Karte hinzu, die Karte der mittnächtigen Länder, deren genaue Darstellung Grönlands und Islands nach Lage und Form noch heute verblüfft und für Jahrhunderte die genaueste Karte der mittnächtigen Länder bleiben sollte.

Man hat dennoch darüber gestritten, ob Nicolaus Swart je wirklich und wahrhaftig in eigener Person ausgefahren sei in jenes fährnisreiche kalte Meer des Nordens, dessen Inseln er beschrieb, in Finsternis und Eis, da die Kartographen in jener Zeit ihr Bild der Welt meist ihren Zeichenkammern zu entwerfen pflegten, durch Kompilation von vorhandenen Karten und Ergänzung von Unbekannten Ufern durch die Phantasie, nicht aber durch schreitende Erkundung, durch Fahrt zur See oder gar durch  Vermessung und die magische Kunst des Lesens der Sterne. „Ich, der Däne Claudius Clavus Suartho, Sohn von Claus, dem Sohn des Peder Tygesøn, und von Margarete, der Tochter von Christriern Strangesøn Vinning, habe es unternommen, durch sorgfältige Zeichnung, sowie durch schriftliches Gedächtnis die mir durch eigene Beobachtung genau bekannten, unten genannten Länder, welche Ptolemäus, Hipparch und Marinus unbekannt waren, der Nachwelt getreu zu verewigen.“ - so beginnt die Abschrift eines Textes des ehrenwerten Herrn Swart, der die Zeiten in den hintersten Regalen der Bibliothek zu Wien überdauert hat. Er selbst nimmt also eine kühne Fahrt nach Mittnacht mit bescheidenen Worten für sich in Anspruch.

Ein bleibendes Mysterium ist jedoch, dass die Ortsbezeichnungen Grönlands auf Nicolaus Swarts zweiter Karte, wenn man sie Wort für Wort von rechts nach links abliest, auf Altnordisch das Lied vom König Spielmann ergeben:

Es wohnt ein Mann in einer Grönlands Au
König Spielmann tät‘ er heißen
Mehr hat er von dem lausigen Fell
Als er hat Speck den Fetten.

Ob Nicolaus Swart ein Scharlatan war oder schlicht Humor hatte und sich die volle Freiheit der Neubenennung vergessener Ufer nahm, oder ob er durch dieses Lied mit einer für Kartographen dieser Zeit unüblichen Ehrlichkeit seine mangelnde Kenntnis der althergebrachten Bezeichnungen offenzulegen wünschte, wird für immer ungeklärt bleiben.

Dass er sich in seinen Schriften auf ein geographisches Buch bezog, Die Reisen des Ritters Johannes von Mandevilla, ist Nicolaus Swart nicht vorzuwerfen. Es war eines der beliebtesten Reisebücher jener Zeit, dessen Erzählungen Eingang in die exaktesten Karten der penibelsten Kartographen selbst noch der folgenden Jahrhunderte fanden, die viel auf ihre wissenschaftliche Methode hielten.Sie alle ahnten nicht, dass der Ritter Johannes von Mandevilla die Welt, von der er sprach, nie bereist hatte; dass er seinen Reisebericht im Sessel sitzend, im Lichte seines Kamins ersonnen hatte. Ein Text des Herrn Swart, der eine seiner Karten begleitete, berichtet, dass Swart in eben jenem Reisebericht des Ritters von Mandevilla gelesen habe, man könne über den Pol nach China fahren...

Was dieser Phantast im Lehnstuhl ergründet hatte, trieb vielleicht jenen hinaus in die finsteren Fluten, dorthin, wo der Erdkreis ermattet endet.

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Die erste (und noch sehr ungenaue) Karte der mittnächtigen Länder des Nicolaus Clausson Swart vor seiner Nordreise, wurde vermutlich um 1425 gezeichnet und ist verloren. Die folgende Karte wurde rekonstruiert nach den Längen -und Breitenangaben aus einer im sogenannten Nancy-Codex erhaltenen Abschrift eines Textes von Nicolaus Clausson Swart (zum Vergrößern auf Bild klicken!).


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